Die Geschichte der Raimundsreuter Hinterglasmalerei

Hinterglasmalerei

Hinterglasmalerei ist eine besondere Form der Malerei. Im Gegensatz zu der Malerei auf Leinwand wird der Malgrund Glas auf der Rückseite spiegelverkehrt und von vorne nach hinten bemalt. Dann umgedreht erscheint das Bild seitenrichtig und durch das Glas leuchtend. Diese Technik wurde schon in der Antike angewandt, im Mittelalter in Italien. Augsburg war ein Zentrum der Hinterglasmalerei. Im 18. Jahrhundert entwickelte sich in der Nähe von Glashütten die Hinterglasmalerei als Volkskunst.

Glashütte Schönbrunn und Raimundsreut

In Schönbrunn errichtete der Hüttenmeister Hans Kürschner 1599 eine Glashütte nachdem er von Hobelsberg bei Grainet vor der Pest geflohen war.
Um 1700 sicherte der Fürstbischof von Passau den Goldenen Steig nach Bergreichenstein, ab indem er die Mautstellevon Kreuzberg weiter nach Osten verlegte und entlang dem Goldenen Steig Siedlungen anlegte. So entstand 1721 das Glasmacherdorf Raimundsreut, dem Fürstbischof Ferdinand Raymund von Rabatta seinen Namen gab.

Wallfahrt Kreuzberg – Beginn der Hinterglasmalerei

Das nahe Kreuzberg, weit sichtbar auf einem Hügel, war die größte St. Anna-Wallfahrt im Fürstbistum Passau. Ein Ursiedler in den Kreuzberger Vierhäusern war Laurenz Neumayer, der von Beruf Maler war. Der Sohn Johann Georg Neumayer verstand sich aufs Hinterglasmalen und versorgte die zahlreichen Pilger mit Wallfahrtsandenken, besonders mit der Hl. Anna selbdritt hinter Glas. Simon Hilgart und dessen Schwiegersohn Tobias Peterhansl führten dieses Handwerk fort. Das Glas bezogen sie von der Landgrafenhütte und von der Schönbrunnerhütte. Im Winter 1758/59 zog Tobias Peterhansl mit seiner Familie endgültig nach Raimundsreut und damit näher zur Schönbrunner Hütte. Die Familie Peterhansl prägte das Raimundsreuter Hinterglasbild  über 4 Generationen.

Vertrieb

Die Säkularisation brachte auch Einschränkungen auf das Wallfahrtswesen. Die Leute wollten ihre Heiligen in der Stube haben und das besorgten die zahlreichen Kraxenträger, die größtenteils aus Krain kamen. Krain war eine deutsche Enklave im heutigen Slowenien. Diese Händler trugen die Hinterglasbilder nach Süddeutschland und ins benachbarte Ausland. Und so kamen sie auch nach Murnau, wo der Braumeister Johann Kroetz lebte und ein eifriger Sammler von Hinterglasbildern war.

Blaue Reiter

Anfang 1900 lebten Gabriele Münter mit Wassily Kandinsky mit ihren Malerfreunden in und um Murnau. Sie waren auf der Suche nach dem Ursprung der Malerei und kamen durch Heinrich Rambold zur Hinterglasmalerei und zur Sammlung Kroetz.
Sie sammelten und malten Hinterglasbilder. Besonders hatten es ihnen die schlichten, auf das Westentliche ausgerichteten Malereien aus Raimundsreut angetan. Im Almanach, den Kandinsky und Marc 1912 herausgaben, spielen die Raimundsreuter Bilder eine wichtige Rolle, das zeigt die Abbildung eines Raimundsreuter Hl. Martin im Frontispiz. Fazit: Die Hinterglasbilder aus Raimundreut haben den Weg zur modernen Malerei wesentlich beeinflusst.